Die Soloerweiterung von Archipelago bietet eine tolle Möglichkeit, dieses wirklich gute Spiel auch alleine zu spielen, ohne dass sich der Charakter des Spiels und seine Mechanismen dadurch grundlegend ändern. Natürlich wird das Basisspiel benötigt. Eine ausführliche Rezension des Basisspiels habe ich dort eingestellt.
Als ich die Soloerweiterung erhalten habe, war ich zunächst einmal endtäuscht. Beim Auspacken kam ein kleines Kartenspiel (vergleichbar mit einem Skatspiel) zum Vorschein. 27 Karten plus zwei beidseitig bedruckte Karten als Spielanleitung - das wars schon. Aber ich muss zugeben, dass die Solovariante clever gelöst und letztendlich doch sein Geld wert ist. Immerhin sind 27 (!) Solovarianten enthalten, alle mit unterschiedlichen Startbedingungen und unterschiedlichen Zielen. Es gibt die Möglichkeiten, die Solopartien kurz (ca. 20 Minuten), mittel (ca. 1 Stunde) oder lang (ca. 90 Minuten) zu spielen und jede Solovariante spielt sich in der Tat aufgrund der unterschiedlichen Zielvorgaben ganz anders.
Die Karten beinhalten jeweils den Namen des Szenarios (z.B. "der Händler", "der Verschollene" usw.), ein Startarchipel (im Unterschied zum Basisspiel immer ein anderes!), eine Startausrüstung (z.B. 1 Kolonist und drei Florin, oder 1 Schiff und ein Kolonist, oder zwei Kolonisten usw.) und eine Spiel-Ende-Bedingung (z.B. Ende des Spiels, sobald die fünfte Entwicklungskarte gekauft wurde, oder zwei Märkte errichtet wurden sowie zwei Ressourcen bei der Bank ausgegangen sind etc. etc.). Es gibt pro Szenario vier Siegbedingungen. Die unterste Siegbedingungsstufe ist natürlich, bei Erreichen des Spielendes keine Rebellion ausgelöst zu haben (der Rebellionslevel muss also unter dem Bevölkerungslevel liegen). Und dann gibt es noch drei weitere Schwierigkeitsstufen, die es zu erreichen gilt. Mal ein Beispiel: Das Szenario "Der Früchtefarmer" ist zu Ende, wenn der Solospieler seine 4. Entwicklungskarte gekauft hat. Da man in der 6.Spielphase im Unterschied zum Basisspiel IMMER eine Karte kaufen MUSS (und zwei Karten drehen muss), ist das Spiel nach der 4. Runde also vorbei. Es handelt sich also um ein Szenario mit kurzer Spielzeit. In diesen 4 Runden muss ich so viele Früchte ernten (oder kaufen oder wie auch immer) wie möglich, denn in der höchsten Schwierigkeitsstufe muss ich 13 Früchte nachweisen, für die zweithöchste Stufe immerhin noch 10 und für die dritte Stufe 8. In der leichtesten Stufe habe ich gewonnen, wenn ich 0-7 Früchte habe und KEINE Rebellion ausgelöst wurde. Um diese Ziele zu erreichen, muss ich natürlich Archipels entdecken (möglichst mit vielen Fruchtsymbolen), muss möglichst viele Arbeiter rekrutieren, ein Markt oder Hafen oder beides bauen wäre sinnvoll, dafür brauche ich aber auch die entsprechenden Ressourcen, ich brauche aber auch Geld, um in der 6.Phase den Kartenzwangskauf tätigen zu können (kann ich keine Karte kaufen, endet das Spiel ebenfalls mit einer Niederlage) usw. Und das alles muss ich in vier Runden schaffen. Eine ganz schön harte Herausforderung!
In dem Szenario "Der Händler" muss ich in sechs Runden möglichst viele Florin verdienen, also auch hier wieder möglichst viele Archipels entdecken, Märkte bauen, Handel treiben, Ressourcen erwerben etc.
Jedes Szenario fordert also eine andere Strategie. Manche Szenarien können z.B. auch fordern, möglichst wenig Siegpunkte zu erreichen. Als Siegpunkte gelten in diesen Szenarien dann die erworbenen Ereigniskarten (wir erinnern uns: wir MÜSSEN pro Runde eine Karte kaufen). Als Spielende-Bedingung gilt dann z.B. der Bau von zwei Märkten und der Verbrauch von zwei Ressourcen durch die Bank. Und das kann sehr lange dauern, ehe man hier das Spielende erreicht und dann hat man einfach zu viele Ereigniskarten gekauft, ärgert sich und spielt das Szenario gleich noch einmal, weil man es besser machen will und auch glaubt, zu wissen, wie es besser geht.
Alles in allem machen die Solovarianten großen Spaß. 27 Szenarien wollen auch erst einmal gespielt werden und jedes Szenario für sich spielt sich in der Wiederholung aufgrund unterschiedlicher Ereigniskartenauslagen und unterschiedlicher Reihenfolge der zu entdeckenden Archipels immer wieder anders. Außerdem gelingt einem die schwierigste Stufe auch nicht auf Anhieb (mir bisher noch nie!), so dass ein sehr hoher Wiederspielreiz vorhanden ist. Einfach klasse, diese Solovariante und sehr zu empfehlen.
Ich habe dem Basisspiel sehr gute 5 Punkte gegeben, also ganz knapp NICHT die volle Punktzahl, weil es halt einige ganz kleine Macken hat und ein klein wenig überfrachtet wirkt. Dafür kann ich die Solovariante aber nicht auch bestrafen, sondern muss hier anders bewerten, nämlich wie gut die Solovariante sich mit dem Basisspiel spielen lässt, OHNE den Charakter des Basisspiels zu verändern und wie gut die Solovariante sich anfühlt. Und hier komme ich nicht umhin, zum ersten Mal seit langem wieder die volle Punktzahl zu vergeben: Hochverdiente 6 Punkte! Für Solospieler ein absolutes Muss! Hier führt kein Weg dran vorbei! Ich bin begeistert!
Matthias hat Archipelago Solo-Erweiterung klassifiziert.
(ansehen)