Carson City – Big Box
Städtebau, Goldsuche, Rodeos und Revolvermannduelle
Autor: Xavier Georges
Herausgeber: Quined Games
Illustrator: Alexandre Roche
Spielzeit: ca. 30 min. pro Spieler
Spielerzahl: 2 – 6
Alter: ab 13 Jahre
Die Big Box umfasst: Carson City Basisspiel; Erweiterung I: Gold & Guns; Erweiterung II: Horses & Heroes; 2 Promocharaktere & 1 Block: Ein neuer Anfang (Spielvariante)
Hinweis: Ich versuche Euch einen groben Einblick in dieses Westernepos zu verschaffen. Wer mehr erfahren möchte kann sich die deutsche Spielregel als PDF bei BGG herunterladen. Diese ist sehr gut gegliedert und erklärt.
Carson City ist ein sehr umfangreiches Vielspielerspiel, dass uns mitten in das Leben als Bewohner einer wachsenden Westernstadt hineinkatapultiert. Genaugenommen sind wir Spieler die Begründer und Investoren dieser kleinen Wildweststadt. Spielziel ist es möglichst schnell gewinnbringende Gebäude zu errichten, um noch mehr Geld für größere Gebäude zu erhalten und dieses in die wichtigen Siegpunkte umzuwandeln. Nebenher wird ein wenig geschossen, wenn sich ein schießwütiger Nachbar erdreistet den Saloon auszunehmen oder die Bank zu überfallen.
Spielaufbau
Zu Beginn müssen wir entscheiden ob wir mit oder ohne Fluss spielen wollen und den beidseitig bedruckten Spielplan entsprechend auf dem Tisch ausbreiten (es gibt auch die Möglichkeit mit einem variablen Fluss zu spielen). Die Flussvariante sollte aber vorerst nur von erfahrenen Spielern gewählt werden und schränkt das Spiel bei 5 oder 6 Spielern sicher etwas ein.
Mit dem schwarzen und weißen W6 wird der Schnittpunkt für das Startplättchen bestimmt, gleiches gilt für die 9 Berge.
Als nächstes werden 7 Personenkarten/Stadtbewohner aus den vorhandenen 18 Charakteren gewählt. Diese können nach Zufall (eher Wage), eigener Regie (mit Erfahrung) oder mit den in der Spielregel vorgegebenen Kombination (empfohlen) ausgesucht werden. Bei der ersten Partie wird nahegelegt die Charaktere 1-7 zu wählen. Jede Personenkarte hat zwei Seiten mit jeweils unterschiedlichen Fähigkeiten die eine auf der gelben, die andere auf einer roten Seite. Letztere sind optional und bringen noch etwas mehr Abwechslung ins Spiel. Auf den ersten Blick wirken die Personenkarten nicht gut austariert, doch da wir jede Runde in eine neue Rolle schlüpfen, gleicht sich das wieder aus.
Als letztes erhält jeder Spieler: eine Hand voll Dollar (15 $), ein paar Cowboys (3 von max. 10), einen Colt und zwei Parzellen Land (die noch während des Spielaufbaus platziert werden, sowie eine Straße.
Spielrundenüberblick
Carson City wird über 4 Spielrunden gespielt. Jede Spielrunde ist in 4 Phasen unterteilt.
Phase 1: Personenkarte wählen: Diese beeinflusst die Spielerreihenfolge, vergibt eine besondere Fähigkeit und bestimmt wie viel Geld ein Spieler mit in die folgende Runde nehmen darf.
Phase 2: Aktionen planen: Die Spieler setzen abwechselnd in Zugreihenfolge einen Cowboy auf ein Aktionsfeld, Gebäude, Parzelle oder passt.
Phase 3: Aktionen ausführen: In vorgegebener Reihenfolge werden die Aktionen ausgeführt. Wird eine Aktion von mehreren Cowboys beansprucht, findet ein Duell zwischen den Spielern statt.
Phase 4: Rundenende: Vorbereitung für die nächste Runde.
Mögliche Aktionen sind:
*4 $ Einkommen / für 4 $ ein Pferd erwerben (wenn die Variante „Pferde“ gespielt wird);
3 Pistolen (erhöht die Angriffskraft bei Duellen);
3 Straßen (werden hin und wieder benötigt um Gebäude bauen zu dürfen);
*1 Straße; (Straßen darf ein Spieler in seinem Zug jederzeit in der Stadt einsetzen);
Grundstücke kaufen (kostet $1 + $1 für jedes angrenzende Gebäude oder Berg);
7 Felder (kosten $3 - $12) Gebäude kaufen (bspw. Ranch, Mine, Bank, Drugstore, Saloon,+++): diese bringen in den folgenden Runden Einkünfte und müssen auf eigenen Grundstücken errichtet werden. Die meisten Gebäude haben zur Bedingung, das auch ein Wohnhaus errichtet werden muss, dieses kostet zwar kein Geld, benötigt aber einen zusätzlichen freien Bauplatz;
Bauen aufschieben: Wenn ein Spieler ein Gebäude nicht bauen kann oder möchte, darf er es in seinen persönlichen Vorrat legen oder ein Gebäude aus seinem Vorrat einsetzen;
Einkommen aus Grundbesitz: $2 für jede eigene Parzelle auf dem Spielplan.
Einkommen für Cowboys: $2 für jeden Punkt Feuerkraft und Cowboys in seinem persönlichen Vorrat;
Einkommen durch Glücksspiel: Wirf 2 W6 und erhalte $2 - $12;
Einkommen aus Gebäuden: Die Spieler erhalten Einnahmen aus dem Ertrag ihrer Gebäude, abhängig von der Funktion der Gebäude;
Siegpunkte aus Grundbesitz: 1 SP für je 2 Parzellen im eigenen Besitz.
Siegpunkte für Cowboys: 1SP für je 2 Punkte Feuerkraft und Cowboys in seinem persönlichen Vorrat;
Siegpunkte für Gebäude: 1SP für jedes Gebäude auf seinen Parzellen (Ausnahme: Wohnhäuser und Berge bringen keine Punkte);
4x Felder Erwerb von Siegpunkten: Belibig viele Siegpunkte für $2, $3, $4 oder $5. Um so weiter das Spiel fortschreitet, umso weniger Felder stehen hier zur Auswahl.
*bei diesen Aktionen sind keine Duelle möglich, d.h. jeder darf diese Aktion wählen und nutzen.
Duelle
Ein weiterer Spielbestandteil sind die fast unverzichtbaren Duelle. Jeder beteiligte Spieler wirft dazu einen W6. Die erwürfelte Augenzahl wird zur Feuerkraft des Spielers hinzugezählt (Anzahl der Revolver + Cowboys im persönlichen Vorrat). Der Spieler mit dem höheren Gesamtwert gewinnt das Duell und darf diese Aktion dann ausführen.
Dieser Aspekt lässt das Spiel etwas „zufällig“ erscheinen, jedoch lässt es sich sogar das einplanen, bspw. gibt es Möglichkeiten einem Duell auszuweichen. Es ist aber auch nicht so tragisch ein Duell zu verlieren, man verliert zwar die Aktion in dieser Runde, aber der Cowboy zählt bei einem weiteren Duell zur Feuerkraft dazu und er steht auch in der nächsten Runde zusätzlich zur Verfügung. Der Duellgewinner muss seinen Cowboy in den allgemeinen Vorrat ablegen.
Mit der Variante: Das Recht des Stärkeren wird das Würfelglück nochmal minimiert, indem statt der Würfel Duellplättchen zum Einsatz kommen. Diese machen das Spiel deutlich taktischer, wenn auch nicht unbedingt berechenbarer.
Spielende
Das Spiel endet nach der 4. Runde. Die Dollars, die man am Ende noch besitzt können 6:1 in Siegpunkte umgewandelt werden. Jedes eigene Gebäude, Wohnhaus und Berg zählt 2 Siegpunkte. Der Spieler mit den meisten Siegpunkten gewinnt das Spiel.
Wem umfangreiche thematische Spiele gefallen und sich auf eine etwas längere Westernodysee einstellen kann, der findet in Carson City ein geniales Cowboy-Placemen-Spiel mit sehr viel Tiefgang. Die Duelle sind ein wenig gewöhnungsbedürftig, aber sie geben dem Spiel die richtige Würze, denn es kann eben manchmal nur den einen geben. Sicher lässt der Glücksfaktor für manche Spieler mal Frustmomente aufkommen, weil sie die entsprechende Parzelle nicht bekommen und/ oder das gewünschte Gebäude nicht erhalten oder bauen können, aber es gibt gute Möglichkeiten wieder zurück zu kommen und bspw. mit dem Erhalt der passenden Personenkarte alles wieder aufzuholen.
Für Greenhorns möchte ich raten, in der ersten Runde noch kein Duell anzuzetteln und in der zweiten Runde max. eine Duellherausforderung pro Spieler zu erlauben. Ab der dritten Runde werdet ihr dann schon merken, dass es sich ganz ohne Duelle kaum noch bewältigen lässt.
Tipp: Behaltet die Anzahl der Colts aller Spieler gut im Auge. Solange diese ausgeglichen sind entscheidet allein das Glück darüber, wer ein Duell gewinnt, d.h. im Umkehrschluss: wer sich nicht auf sein Glück verlassen will, für den ist es immer gut hier einen kleinen Vorsprung zu haben.
Die „Pferde“Variante kann das Spiel variabler machen, durch sie hat ein Spieler die Möglichkeit einer Duellsituation nachträglich aus dem Weg zu gehen.
Aber gewinnt jetzt bitte nicht den Eindruck, dass es in Carson City nur um Duelle geht. Dem ist nicht so, weil man in diesem Spiel einfach alles im Auge behalten muss: Wie viel Geld habe ich? Sollte ich mir eine Parzelle kaufen? Kann ich das nächste Gebäude kaufen und gleich einsetzen? Worauf spekulieren meine Mitspieler? Und reicht mir das Geld das ich mit in die nächste Runde nehme?
Manchmal kann es sogar von Vorteil sein einen Mitspieler zu unterstützen, weil dieser gerade ein Gebäude bauen möchte, welches meine eigenen Gebäude in der Stadt aufwerten wird.
Die Spiellänge richtet sich nach Anzahl und Erfahrungsgrad der Spieler. Mit Greenhorns muss man eine gute halbe Stunde Spielaufbau und Regelerklärung einrechnen. Zudem sollten bei einer solchen Posse nicht mehr als 4 Spieler beteiligt sein und möglichst wenige Erweiterungen/Varianten eingebaut werden (bspw. nur einfache Gebäudearten). Eine Posse mit erfahrenen Spielern kann natürlich aus den vollen Schöpfen, bei 2-3 Spielern bietet sich die Flussvariante an, bei 5-6 Spielern wird es recht eng in Carson City und blaue Bohnen stehen auf der Tageskarte.
Mit den zusätzlichen Varianten sollte man vorsichtig umgehen und diese vornehmlich mit Spielern spielen, die sich schon einen guten Überblick über das Spiel verschafft haben. Neben den schon erwähnten Varianten gibt es noch:
Ein neuer Anfang: Jeder Spieler erhält $50 und einen "Einkaufszettel" auf dem jeder aussuchen kann mit welcher Startaufstellung er beginnen möchte. Diese Auswahl muss er dann entsprechend bezahlen.
Outlaws: Der Startpunkt der Banditen wird zufällig ausgewürfelt. Von dort aus greifen sie die gewinnbringenden Gebäude von Carson City an und sollten von den Spielern vertrieben werden, sofern sie das eigene Einkommen angreifen. Diese Variante habe ich zwar noch nicht ausprobiert, daher bin ich noch sehr gespannt darauf.
Die 18 verschiedenen Personenkarten finde ich sehr gelungen. Sie beugen die Regeln ein wenig und bieten einzigartige Vorteile welche ich in der Runde nutzen kann, in der ich die Person bekommen habe. Hier ist es schon ein Vorteil früh an der Reihe zu sein um den Stadtbewohner zu ergattern mit dem man sein Vorhaben auf den Spielbrett am besten Umsetzen kann.
Ich kann jedem, der sich für dieses Spiel begeistern kann oder ihm nicht völlig abgeneigt gegenüber steht, raten, mindestens 2 Partien zu wagen um die ineinandergreifenden Spielmodi zu verinnerlichen und die Komplexität und Möglichkeiten in Carson City zu erfassen. Das hört sich zwar nach viel Zeit und "Arbeit" an, die man Investieren muss, aber mit einem erfahrenen Erklärbären und Mitspielern auf etwa dem gleichen Level, ist manchmal schneller High Noon als man gedacht hat.
Ich gebe dem Spiel 6 Punkte mit Sternchen, weil ich bisher noch kein Spiel kennen gelernt habe, welches Strategie und Glückselemente so gut miteinander vereinbaren kann. Hinzu kommt das Westernthema das in das Spiel tief eingebettet wurde und durch die Varianten nicht vollgepackt oder überstrapaziert wird, sondern ausgebaut und am Ende noch abgerundeter ist.
Ich kann kaum die nächste Partie „Carson City“ erwarten. Meine Mitspieler waren bisher durch die Bank von dem Spiel angetan selbst unsere Skeptikerin musste am Ende eingestehen, dass es ihr Spaß gemacht hat (okay, sie hat die Partie auch um einen Punkt gewonnen).
Das Basisspiel von Carson City ist schon ca. 8 Jahre alt, es nutzt Spielmechanismen die vergleichbar sind mit Caylus, Cuba, Korsaren der Karibik, Puerto Rico oder Agricola und doch ist es komplett anderes Spiel das es zu spielen lohnt.
Für mich kann ich eine klare Kaufempfehlung abgeben, aber ich genieße es, dass ich zur Zeit noch Spieler überzeugen kann und das Thema ist noch lange nicht überreizt.
Viel Spaß bei all Euren Spielen
Mario hat Carson City - Big Box klassifiziert.
(ansehen)