"Das letzte Bankett" ein Partyspiel zu nennen ist maßlos untertrieben. Auch wenn ich bislang nur die Chance hatte das Spiel auf der Spielemesse in Essen mit "nur" 11 Mitspielern zu spielen so kann ich euch sagen: das ist kein Spiel, das ist ein Event. Hartgesottete Fans werden wahrscheinlich mit selbst geschneiderten Kostümen den König um seine Gunst bitten, während die Hexe ihre Liebestränke braut und das Gespenst vor sich hin stöhnt...
Aber erstmal von Vorne: warum geht es überhaupt?
Beim letzten Bankett dreht sich Alles um den Mordversuch am König im Rahmen des namens gebenden Banketts. Dabei teilen sich die Spieler in (je nach Spielerzahl) 2-3 Gruppen auf, die jeweils einen Mörder geheim bestimmt und diesem dann die Mordwaffe (Dolch, Gift, etc) in Form eines Tokens anvertraut.
Die Spieler sind selbst alle eine bestimmte Person bei Hofe, vom Graf über den Bischof, die weiße Lady (=das Gespenst) bis zur Hexe ist hier Alles vertreten was Rang, Namen oder - wie beispielsweise beim Hofnarr oder dem Jäger - zumindest eine Aufgabe bei Hofe hat. Ein Spieler mimt dabei den König. [grade bei vielen Anfänger lohnt es sich, dass ein erfahrener Spieler den (außenstehenden) Spielleiter macht, der zwischendrin Regeln oder Fähigkeiten erklären kann]
Je nach Spielvariante hat dann jede Figur bestimmte Fähigkeiten. In der simplen Variante haben faktisch alle die Gleiche, was das Spiel aber keineswegs langweilig macht sondern eher ein guter Einstieg in die Spielmechanik ist. In der gehobeneren Variante haben dann alle Charaktere separate Fähigkeiten.
Aber wie spielt man denn jetzt?
Ganz einfach: die Gruppe STEHT zu Beginn im Kreis und alle stellen sich dem König reihum vor. Dabei kann man sich an der Floskel auf seiner Karte orientieren (die man immer gut sichtbar halten sollte, v.a. damit man weiß wer Mann und wer Frau ist (mehr dazu später)) oder als begabter Redner sich mit selbst Erdachtem vorstellen. [In Essen war unser König einer der Spieledesigner selbst, der auf jede Vorstellung (nett oder böse) hervorragende Antworten parat hatte].
Danach bestimmt der König einen neben sich sitzenden Spieler, der seinen "Zug" beginnt. Dieser besteht daraus, eine seiner Fähigkeiten zu benutzen. Sobald er damit fertig ist setzt er sich, so dass immer klar ist wer bereits an der Reihe war und der Spieler links oder rechts von ihm (je nachdem in welche Richtung der König gestartet hat) ist an der Reihe.
Aber warum macht man das nicht bequem im Sitzen und alle kommen der Reihe nach dran? Wär doch viel einfacher...
Dazu muss man etwas ausholen: Das Spielziel jeder Fraktion (die man übrigens an Umhängern immer klar unterscheiden kann) ist es, am Ende der Runde (d.h. wenn jeder Spieler an der Reihe war) den eigenen Attentäter auf einem der beiden Plätze neben dem König zu platzieren, damit er sein teuflisches Werk ausführen kann. Natürlich möchte man gleichzeitig die (i.d.R. unbekannten) Attentäter der anderen Fraktionen davon abhalten ...
Ergo sind sämtliche Fähigkeiten des Spieles: versetzen von Spielern innerhalb des Kreises. mal können nur die Damen bewegt werden, mal spielt man "mein rechter Platz ist leer" und holt sich Personen zu sich oder man setzt sich selbst auf einen anderen Platz. Jede Entscheidung wird wiederum mit Floskel erklärt ("ich bin so einsam, ich wünsche mir weibliche Gesellschaft an meiner Seite"), was v.a. in Gruppen, die gut "mitspielen" (im theater-technischen Kontext) für viel Heiterkeit und Spaß sorgt.
Mächtige Fähigkeiten bedürfen dabei der Zustimmung des Königs (galante Zungen, hier ist euer Einsatz!), der diese pro Runde allerdings bis zu zweimal ablehnen darf. Natürlich darf auch der König selbst versetzt werden...
Das bedeutet nun im Umkehrschluss: wer als Nächstes an der Reihe ist entscheidet sich praktisch bei jedem Zug neu, weil ja der Spieler neben dem grade Aktiven an der Reihe ist. Durch die Versetzungen sind das i.d.R. immer andere Leute als man gedacht hat. [Ein Albtraum für Strategen, die gerne ein paar Züge weit voraus denken).
Zwischenmenschlich wird bei der Rumschieberei auch mal was geboten, z.B. wenn auf dem Geist (dieser muss seinen Platz nicht räumen) bereits jemand sitzt und die Hexe eine dritte Person per Liebeszauber an das unglückliche Duo bindet. Wohl der Gruppe, die auf weichem Rasen mit viel Platz spielt und nicht wie wir in einem beengtem Stuhlkreis, wo dann tatsächlich drei Leute auf einem Stuhl saßen...
Auf jeden Fall wird man kunterbunt gemischt, jeder sitzt mal neben jedem. Als Party-Einstieg zum Eisbrechen optimal...
Das Beste an unserer Essener Runde war übrigens folgende Regel: wenn am Ende der Runde mehr als ein Attentäter neben dem König sitzt, dann werden beide enttarnt und die nächste Runde wird gespielt: diesmal mit bekannten Attentätern!
Punkte gibt es übrigens für die Spieler der siegreichen Fraktion und evtl. für den König, wenn dieser die Attentäter identifiziert hat. Da jede Runde die Fraktionen neu verteilt werden (Zufall) hat am Ende des Spieles (nach beliebig vielen Runde) jeder seinen individuellen Punkte stand. man spielt also zusammen, gewinnt aber evtl. alleine ;)
Zusammenfassung: bis zu 25 Spieler (mit weniger als 10 würde ich übrigens nicht spielen), die jeder (hoffentlich mit viel Eifer) ihre Rollen spielen. Ein Steh-/Sitzkreis, der sich bis zu 25x umbaut (teilweise radikal) und ein König, der versucht die Attentäter zu identifizieren damit er auch Siegpunkte bekommt. Heraus kommt (zumindest in der Variante, die ich spielen durfte; laut Anleitung gibt es noch mehr) eine ausgeflippte Variante von "mein rechter Platz ist leer" mit hoch taktischem Tiefgang (wer sind die gegnerischen Attentäter? wie krieg ich unseren möglichst unerkannt neben den König?) für diejenigen die das wollen und viel Rollenspiel und Spaß für diejenigen, die einfach nur diesen haben wollen.
Man könnte hier noch viel erzählen, am Ende aber nur als Fazit: es war in Essen bereits mit 11 Leuten ein Heidenspaß und ich freue mich auf sonnige Tage im Park mit vielen Freunden, die mitspielen. Jetzt müsste das Spiel nur mal endlich auf den Markt kommen... Aber dann: kaufen!!!
Michael hat Das letzte Bankett klassifiziert.
(ansehen)