Autor: Ulrich Blum
Verlag: Eggertspiele
Spielerzahl: 2 - 5
Spieldauer: 90 - 150 Min.
Grand Cru - so nennt der Weinkenner die besten Lagen für Weinanbau im Burgund. Das Spiel ist ein wunderschön aufgemachtes
Handels- und Optimierungsspiel in der Welt des Weins.
Spielziel:
Jeder Spieler bewirtschaftet ein Weingut. Es geht darum, durch Anbau von Weinreben und den Verkauf von Wein möglichst viel Geld zu erwirtschaften. So weit, so bekannt, könnte man meinen. Das Spiel hat aber durchaus einige neue Ideen und Mechanismen zu bieten. Das Thema Weinbau ist sehr gut eingefangen und umgesetzt.
Jeder Spieler startet mit
Schulden! Zu Beginn entscheidet jeder Spieler, wie viele Kredite (á 7 Franc) er aufnimmt. Das Spiel endet, sobald ein Spieler alle seine Schulden zurückgezahlt hat oder ein Spieler hoffnungslos überschuldet ist und keinen weiteren Kredit mehr bekommen kann.
Spielablauf:
Das Spiel läuft über mehrere "Jahre". Ein Jahr ist dabei in zwei Abschnitte aufgeteilt. Der erste Abschnitt stellt den Jahresverlauf mit den vier Jahreszeiten (= Spielrunden) dar. In jeder Phase können die Spieler verschiedene
Aktionen durchführen.
Zunächst geht es darum,
Weinreben - davon gibt es fünf verschiedene, z. B. Merlot oder Pinot Noir - und Ausbauten für sein Weingut zu
erwerben. Man kann diese im Wettbewerb mit den Mitspielern
ersteigern (für 1 bis 6 Franc) oder für 7 Franc direkt kaufen. Der Wein wird nach der Lese zunächst im Weinkeller gelagert. Verkauft werden kann ein Wein erst, wenn er seine jeweilige Reife erlangt hat. Das kann unter Umständen mehrere Jahre dauern. Durch Ausbauten, die man jeweils ein Mal pro Jahr nutzen kann, ist es möglich, die Produktion zu steigern ("Reiche Ernte"), die Kosten für die Lese zu senken ("Erntehelfer"), einen Wein zu veredeln, die Nachfrage für einen Wein und damit seinen Verkaufspreis zu steigern ("Werbung") und vieles mehr.
Sobald die vierte Phase des Jahres (Winter) erreicht ist und ein Spieler seine letzte Weinrebe abgeerntet hat, endet das Spieljahr und der zweite Abschnitt ("Jahresende") beginnt. Dabei ist der interessanteste Mechanismus, dass man pro Jahr zumindest vier Aktionen zur Verfügung hat, es können aber auch viel mehr sein. Es liegt wie gesagt daran, wann der erste Spieler seine letzte Weinrebe aberntet. Wenn jemand es darauf anlegt, ist ein Jahr daher sehr kurz und man kann nicht alle Aktionen ausführen, die man geplant hatte. Hier gilt es, die Mitspieler gut zu beobachten, was diese evtl. im Schilde führen.
Am
Jahresende findet zunächst ein "Weinfest" statt, bei dem die Leistungen des zurückliegenden Jahres honoriert werden. Wer von einer Weinsorte am meisten verkauft hat, erhält dafür
Prestigepunkte, die anschließend für verschiedene Vorteile eingesetzt werden können. So kann man z. B. Punkte in Geld eintauschen. Man kann aber auch eine zusätzliche Weinlese durchführen ("Spätelese"), einen weiteren Weinverkauf tätigen, die Nachfrage für bestimmte Weinsorten steigern oder seinen Weinberg umbauen (eine Rebe gegen eine andere aus dem Vorrat tauschen).
Danach reift der Wein in den Fässern. Im Idealfall ist dann schon absehbar, ob und wieviel Geld im nächsten Jahr in die Kasse kommen könnte, wenn einzelne Weinsorten ihre
Verkaufsreife erreicht haben.
Als Letzes müssen Zinsen für die Kredite gezahlt werden und die Spieler haben Gelegenheit, ihre
Kredite zurückzuzahlen. Wenn das kein Spieler komplett schafft, beginnt das nächste Spieljahr. Man kann dann noch neue Kredite aufnehmen, um sich zusätzliches Geld zu beschaffen. Die Gefahr besteht dann aber, dass man von der Zinslast erdrückt wird, wenn das nächste Jahr wirtschaftlich nicht so läuft wie erhofft.
Bewertung:
Alles in allem ein sehr
gut durchdachter Ablauf mit vielen strategischen Möglichkeiten: Konzentriere ich mich auf wenige kostbare Weinsorten oder streue ich mein Angebot, um mehr Prestigepunkte zu bekommen? Welche Ausbauten nützen mir für meine Strategie? Wann setze ich sie ein? Wofür setze ich meine Prestigepunkte ein? Nehme ich noch zusätzliche Kredite auf, um im nächsten Jahr richtig zu investieren?
Interaktion mit den Mitspielern findet
nur indirekt statt - bei der Versteigerung von Reben und Ausbauten. Ansonsten ist jeder bemüht, seinen Weinberg zu optimieren und den richtigen Zeitpunkt für Lese und Verkauf abzupassen. Handel zwischen den Spielern findet nicht statt.
Es ist möglich, jemandem bei der Auktion ein begehrtes Plättchen wegzuschnappen, aber im späteren Verlauf des Spiels ist die Kaufaktion ohnehin nicht mehr so vordringlich. Die fehlende direkte Interaktion hat zur Folge, dass man einen Spieler, der nach jahrelanger Reifung endlich seine teuren Weinsorten verkauft und damit seine Schulden am Jahreende tilgt, nicht daran hindern kann. Man muss praktisch ohnmächtig zusehen, wie er das Spiel in ein oder zwei Runden gewinnt; vor allem, wenn man selbst keinen so gut optimierten Weinberg besitzt. Dumm gelaufen, kann man dann nur sagen...
Das
schöne Material macht viel Lust auf das Spiel: Ein farbenfroh gestalteter und stimmiger Spielplan, kleine Holzwürfel als "Wein", stabile Papp-Plättchen für die Reben und Ausbauten. Einen Abstrich gibt es allerdings für die Weingüter. Diese sind lediglich dünne Papp-Karten. Hier hätte man ohne Weiteres noch zulegen können (Ich denke da z. B. an die schönen Plantagen-Tableaus in Cuba).
Die
Anleitung lässt keine Fragen offen, ist aber etwas unsystematisch geschrieben. Einige wesentlichen Dinge werden zunächst erwähnt, aber erst weiter hinten erklärt, so dass man entweder hin- und herblättern muss oder im Unklaren bleibt, bis man alles gelesen hat (am besten mehrmals). Das tut aber dem Spielspaß keinen Abbruch, wenn man die - durchaus logischen - Abläufe und Regeln erst mal verinnerlicht hat. Sehr hilfreich wären aber kleine Übersichtskarten für jeden Spieler, auf dem die Spielphasen und Aktionen, sowie die Funktion der Ausbauten und die Sonderaktionen auf dem Weinfest aufgeführt und kurz erklärt werden.
Wir haben Grand Cru bisher mehrmals zu viert gespielt und brauchten jedesmal
deutlich über zwei Stunden, die aber nie langweilig wurden.
Ein
empfehlenswertes Spiel für Gelegenheitsspieler, aber auch Vielspieler kommen durchaus auf ihre Kosten. Diese greifen aber wohl eher zu Vinhos.
Alles in allem
"sehr gut" (fünf Punkte).